Stadtteile mit extrem geringer CO2-Bilanz: Ja, es ist möglich!

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Skeptiker behaupten, dass urbane Umgebungen, wie wir sie kennen – Betonwüsten, Smog und Müllberge – niemals zu Orten mit niedriger CO2-Bilanz werden können. Doch sie irren sich! Durch clevere Entscheidungen bei Mobilität, Materialwahl, Ressourcenmanagement und der Gestaltung von Grünflächen ist heute ein komplett CO2-freier Stadtteil möglich, wie Alexandre Londot, Vanessa Villeneuve und Yves Biwer, Kollegen bei AGORA, berichten.

Natürlich haben nicht alle Stadtteile weltweit die Möglichkeit oder die Mittel, ihre Praktiken vollständig zu erneuern und ihre städtische Infrastruktur auf einmal nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. AGORA, als Entwickler neuer Stadtteile auf ehemaligen Industrieflächen, hat das Glück, auf fast unbeschriebenem Papier die nachhaltigen Stadtteile von morgen zu entwerfen. Diese Ausgangsposition erlaubt es, die besten umweltfreundlichen Praktiken zu berücksichtigen, innovative Technologien zu fördern und die Logik der Stadtentwicklung grundlegend neu zu denken. Alexandre Londot, Operations Manager, Yves Biwer, Direktor-Koordinator Quartier Metzeschmelz, und Vanessa Villeneuve, Projektingenieurin, erklären anhand konkreter Beispiele, wie sie die Herausforderung eines CO2-freien Stadtteils angehen.

Reduzierung der CO2-Bilanz beginnt bereits bei der Planung und den ersten Bauschritten, oder?

Alexandre Londot, Operations Manager, AGORA : „Ganz genau! Immer mehr erkennen wir, wie stark alle Elemente miteinander verbunden sind, um eine bessere Umweltverantwortung zu erreichen: Mobilität steht im Zusammenhang mit Grünflächen und der Straßenplanung, diese wiederum beeinflussen die Wahl der Baumaterialien und Bauweisen, die oft mit Energiepraktiken verknüpft sind, welche wiederum mit dem Wassermanagement zusammenhängen. All diese Aspekte müssen also bereits vor der eigentlichen Planung durchdacht werden, denn ihre kohärente Zusammenführung definiert die Vision und prägt maßgeblich den Masterplan, den Bebauungsplan, das Straßendesign und vieles mehr.“

Vanessa Villeneuve, Projektingenieurin, AGORA : „Was die ersten Bauschritte betrifft, so würde ich sagen, dass die Materialwahl einer der ersten wichtigen Schritte ist, um die CO2-Bilanz zu minimieren. Wiederverwendbare Materialien oder solche mit geringer CO2-Bilanz, wie zum Beispiel kohlenstoffarmer Stahl, werden bevorzugt. Bei den Gebäuden selbst liegt die Verantwortung bei den Investoren und Bauträgern, aber AGORA legt in Ausschreibungen und Charta-Vorgaben Nachhaltigkeitskriterien fest, die eine umweltfreundliche Bauweise verlangen. Eine weitere Maßnahme ist die Forderung nach strengen Umweltzertifizierungen. Zudem müssen die Gebäude hohe Standards in der Energieeffizienz erreichen, und um das zu ermöglichen, beginnt die Planung lange vor dem ersten Spatenstich, zum Beispiel durch Sonnenstudien, die unter anderem die Fensterplanung beeinflussen.“

Yves Biwer, Direktor-Koordinator Quartier Metzeschmelz, AGORA : „Ich würde noch hinzufügen, dass es von Anfang an wichtig ist, nachhaltige Initiativen messbar und quantifizierbar zu gestalten und diese Maßnahmen kontinuierlich während des Prozesses zu überprüfen, um sicherzustellen, dass sie tatsächlich positive Auswirkungen haben. So können Projekte angepasst werden, falls das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Diese innovative Herangehensweise, die beim vor 20 Jahren gestarteten Belval-Projekt noch nicht vollständig umgesetzt wurde, bietet uns heute eine großartige Gelegenheit zur Verbesserung bei Metzeschmelz!“

Energie- und Wassermanagement sind Schlüsselaspekte eines Stadtteils mit niedriger CO2-Bilanz, oder?

Alexandre Londot : „Absolut. Ein Beispiel ist unser Symbiosis-Konzept für Metzeschmelz. Es zeigt, wie Energie- und Wassermanagement von Anfang an integriert werden können. Symbiosis steht für die Nutzung von Wasser- und Energiequellen in intelligenten Netzwerken, die miteinander verbunden sind und eine maximale Rückgewinnung und Wiederverwendung ermöglichen. Beispielsweise stammt die Energie aus einer intelligenten Kombination von Photovoltaikstrom und Wärmepumpen, die je nach Bedarf reguliert werden. Überschüssige Energie wird gespeichert und später genutzt. Außerdem wird Wärme, die in Klimaanlagen erzeugt wird, zurückgewonnen und wiederverwendet. Ähnlich verhält es sich mit Regen- und Abwasser sowie Abfällen, die zu Energiequellen umgewandelt werden.“

AGORA setzt auch stark auf nachhaltige Mobilität zur Gestaltung CO2-freier Stadtteile, oder?

Alexandre Londot : „Wir haben kürzlich einen neuen Mobilitätsplan für Belval erstellt, der die Integration der Straßenbahn, eines Schnellkorridors, eines neuen Bahnhofs, Mobilitäts-Hubs zur Reduzierung des Autoverkehrs und die Schaffung von Radwegen umfasst. Der Fokus liegt auf der Verringerung motorisierter Individualverkehre und der Förderung des öffentlichen Nahverkehrs sowie aktiver Mobilität (zu Fuß gehen und Radfahren). Solche Maßnahmen, die auf dem Prinzip der Intermodalität basieren und verschiedene umweltfreundlichere Transportmittel kombinieren, tragen nachweislich erheblich zur Reduzierung der CO2-Bilanz bei.“

Inwiefern spielt die Vermehrung von Grünflächen ebenfalls eine Rolle in der Strategie?

Yves Biwer : „In unserer Vision sind Grünflächen allgegenwärtig – nicht nur in Form großer Parks, sondern auch an vielen Stellen im öffentlichen Raum, an Gehwegnasen, Straßenrändern, an den Fassaden und Dächern der Gebäude. Sie reduzieren nicht nur die CO2-Bilanz, sondern schaffen auch kühle Inseln und angenehme Mikroklimata, die im urbanen Lebensstil unerlässlich sind. Außerdem fördern sie die notwendige Biodiversität. Wir bemühen uns auch, die Grünflächen so weit wie möglich mit sanfter Mobilität zu verknüpfen.“

Die von AGORA vorgestellten Beispiele zeigen deutlich, dass die Dekarbonisierung urbaner Stadtteile mehr als nur eine ambitionierte Vision ist – sie ist bereits Realität. Mit innovativen Initiativen und sorgfältiger Planung können die Städte der Zukunft Modelle für Nachhaltigkeit und Lebensqualität werden.

Entdecken Sie im Rahmen der Reihe „Défis urbains“ im Interview mit Agora-Mitarbeitern, Partnern und Experten die von AGORA verteidigten und umgesetzten Werte.

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