Es geht darum, eine nachhaltige Stadt zu entwickeln, die auf dem Kreislaufprinzip beruht, in der alle Ressourcen auf vernetzte Weise verwaltet und eingesetzt werden, um das Fortschreiten des Klimawandels zu bekämpfen.
Schließen Sie die Augen und stellen Sie sich ein Quartier vor, das seinen Strombedarf aus Solarenergie deckt und diese über eigene Stromnetze verteilt, das vorwiegend wiederaufbereitetes Abwasser nutzt und zudem idyllisch in einen Stadtwald integriert ist, der ihm Herz und Lunge zugleich ist. Das sind die groben Züge des Projekts Symbiosis, einer technischen Lösung, mit deren Hilfe alle Ressourcen permanent aufbereitet und wiederverwendet werden.
Im Zentrum des Projekts stehen wichtige Fragen für die Zukunft. Wie kann man ein möglichst funktionales Quartier schaffen und möglichst innovative öffentliche Dienste anbieten und gleichzeitig die Kohlenstoffemissionen so weit wie möglich minimieren? Wie kann man dafür sorgen, dass jede für einen reibungslosen Betrieb der öffentlichen Dienste erforderliche Versorgungsquelle bestmöglich ausgenutzt wird? Wie kann ein Quartier entstehen, in dem das Management von Wasser, Abfällen, Energie und Luftqualität so ineinandergreift und zusammenspielt, dass aus jeder Ressource der maximale Nutzen gezogen wird?
Um diese Fragen zu beantworten, haben AGORA, die Stadt Esch-sur-Alzette und die Gemeinde Schifflange einen groß angelegten Abstimmungsprozess ins Leben gerufen. Dabei kamen Vertreterinnen und Vertreter beider Städte und der lokalen Energieversorger, wissenschaftliche Mitarbeitende der Universität Luxemburg sowie Mitglieder der öffentlichen Verwaltung, des Ministeriums für Umwelt, Klima und nachhaltige Entwicklung, aber auch von Sudcal und Sudstroum an einen Tisch.
Aus diesem fruchtbaren Diskurs heraus konnten verschiedene Szenarien entwickelt werden. Die Rede ist von einer Solarstadt, die ihre verschiedenen Wasserressourcen umfassend nutzt und gleichzeitig als Waldstadt im Einklang mit der Natur auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft setzt. Die unterschiedlichen Szenarien werden von AGORA nun an ein Planungsbüro übergeben, das den Auftrag hat, ihre Machbarkeit zu bewerten und ein technisches Konzept auszuarbeiten, das auf innovative, integrierte Lösungen setzt. Das ist der erste Schritt auf dem Weg von der Vision zur Wirklichkeit.
Ganzheitliche Zukunftsplanung
„Um uns von alten Denkmustern zu befreien und die Versorgung des Quartiers ganzheitlicher angehen zu können, haben wir uns von Anfang an bemüht, in globalen Dimensionen zu denken und vom Konzept der Ströme auszugehen“, erklärt Yves Biwer, QAZ-Koordinator bei AGORA.
„Wir haben ganz global über Wärme- und Kälteströme nachgedacht, über Klimamanagement, Abfallmanagement, über die Nutzung von Regenwasser, über Brauch- und Abwasser. Wie können diese Ströme zusammenspielen? Diese Denkweise hat uns sehr schnell ermöglicht, ganz konkrete Mechanismen ins Auge zu fassen und beispielsweise Lösungen wie den Einsatz von Wärmepumpen durchzuspielen, die mit Auffangbecken für Regenwasser verbunden sind. Das ist nur ein Beispiel von vielen. “
Die Idee hinter dem Projekt Symbiosis ist aber auch, das Quartier mit Blick auf seine zukünftige Entwicklung zu gestalten und urbane Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, eventuelle Überschüsse zu vermeiden, um das Konzept der „Low Carbon City“ zu verwirklichen.
„Natürlich ist das, was wir da in unserer Kristallkugel sehen, noch kein absolut klares Bild, aber man kann doch bestimmte Tendenzen erkennen, um sich auf dieser Grundlage die Stadt von morgen vorzustellen“, erläutert Jeannot Behm, Berater für Energie und Ökologie in Esch-sur-Alzette. „Wir wissen beispielsweise, dass der Bedarf an Parkplätzen mit dem Aufkommen selbstfahrender Fahrzeuge in Zukunft geringer ausfallen wird. Wir wissen, dass die sanfte Mobilität eine wichtigere Rolle spielen wird. Vor allem versuchen wir aber, Infrastrukturen resilienter und flexibler zu gestalten, damit sie so anpassungsfähig wie möglich sind. “
Intelligente Netze
Eine der Grundideen von Symbiosis ist die Schaffung intelligenter Netze (Smart Flows) für Strom und Abfälle. Aber was heißt das genau: „intelligente Netze“? „Im Prinzip sind das Ver- und Entsorgungsnetze (Strom, Wärme, Kühlung, Wasser, Abwasser, Telekommunikation…), die datentechnisch und im Hinblick auf ihre Infrastrukturen vernetzt sind“, erklärt Jeannot Behm.
„Im Rahmen unseres Projekts würden diese Netze ausschließlich auf erneuerbaren Energien basieren, vorzugsweise eine Kombination aus Wärmepumpen und Solarwärme auf der Grundlage von Photovoltaikanlagen. Das intelligente Netz macht es beispielsweise möglich, den Betrieb der Wärmepumpe zurückzufahren, wenn das Signal eingeht, dass die solar erzeugte Wärme ausreicht. Das Prinzip kann aber auch genutzt werden, um Energie zu speichern. “
Wenn künstliche Intelligenz, digitale Technologien und das Internet der Dinge im Dienste dieser Netze eingesetzt werden können, „bringen sie das Ganze in eine neue Dimension“, betont Yves Biwer. „Wir werden aber auch Low-Tech-Systeme nutzen, wenn diese besser zu unseren Bedürfnissen passen und sich als flexibler erweisen. Systeme wie Wärmepumpen, Kläranlagen oder Regenwasserspeicher sind keine neue Erfindung. Die Innovation liegt darin, sie auf diese vollständig vernetzte Weise einzusetzen. “
Ein Kreislauf der Ressourcen
Die Idee von Symbiosis ist also ein Kreislaufkonzept und die permanente Rückgewinnung und Wiederverwertung von Energie, Wasser und Abfällen, die theoretisch unendlich fortgesetzt werden kann. „Diese Vision muss schon auf der Baustelle umgesetzt werden“, so Yves Biwer. „Es soll sichergestellt sein, dass erneuerbare Baumaterialien verwendet werden und dass überschüssige Materialien innerhalb des Systems anderweitig eingesetzt werden können. “
Im Alltag wird sich dieses Kreislaufprinzip im neuen Quartier insbesondere im Wassermanagement manifestieren. Sehen wir uns dafür ein sehr konkretes Beispiel aus dem Alltagsleben an. Symbiosis sieht beispielsweise vor, das Wasser, das zum Duschen verwendet wird, anschließend direkt in der Toilette wiederverwendet wird, bevor es dann über die Kanalisation in eine Filter- und Wiederverwertungsanlage gelangt. So beginnt das Kreislaufprinzip im Kleinen, in der eigenen Wohnung, um dann auf höherer Ebene weitergeführt zu werden.
„Das Motto ist ist immer Wiederverwertung und Transformation. Jede Ressource muss dabei mehreren Zwecken dienen und mehrere Bedürfnisse gleichzeitig erfüllen“, fasst Jeannot Behm das Prinzip zusammen.
Die Stadt der Zukunft nimmt also Form an.
Was sind die wichtigsten Grundsätze der Stadtplanung? Inwiefern spiegeln Wohnquartiere modernes Stadtleben wider? Wie prägen Plätze den öffentlichen Raum?
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