Wer Belval zum ersten Mal besucht, ist fasziniert von den majestätischen Hochöfen und den Universitätsgebäuden, die auf den Überresten des alten Industriestandorts errichtet wurden. Zu Recht. Selbst die Mitarbeiter von AGORA, die doch Experten auf diesem Gebiet sind und schon einiges gesehen haben, sind immer wieder beeindruckt vom Umfang dieses Projekts, für das sie sich seit Jahren engagieren.
Vanessa Villeneuve ist Chefingenieurin in Belval. Sie begann schon am Projekt zu arbeiten, noch bevor sie Mitarbeiterin von AGORA wurde, während des Abrisses der alten Anlagen der Stahlindustrie. Die Hochöfen waren da noch nicht saniert, das Gelände zum großen Teil verwaist. „Für mich ist es ein Lebensprojekt und es berührt mich, das Ergebnis zu sehen, obwohl ich doch bei jedem Schritt dabei war. “
Thomas Rau, Leiter der Abteilung für Planung und Infrastruktur, erinnert sich noch gut daran, wie er 2003 bei AGORA anfing. Er erinnert sich auch an sein Erstaunen angesichts des Projekts. „Es sollten 1,3 Millionen Quadratmeter gebaut werden, für mehr als 20.000 Arbeitnehmer und Studenten und über 7.000 Bewohner. In dem Moment sagte ich mir: Das ist schon irgendwie verrückt. Und trotzdem war es letztlich diese mutige Idee, die mich überzeugt hat. Da wollte ich einfach dabei sein!“
Eine Utopie wird Realität
20 nach der Gründung von AGORA ist das Ergebnis für alle sichtbar. Heute bevölkern 18.000 Menschen das neue Quartier. Familien, Studenten, Arbeitnehmer, Senioren: die Vielfalt, die man sich von Anfang an gewünscht hatte, wurde schnell Realität. Diese Bevölkerung von Belval lebt zusammen in einem urbanen Universum, das nach den Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung konzipiert wurde. „Das entspricht auch der nationalen Ausrichtung, die sich in einer sehr zielgerichteten Regierungspolitik manifestiert“, betont Vincent Delwiche, Generaldirektor von AGORA.
Er leitet die Planungs- und Entwicklungsgesellschaft seit Jahren und ist besonders stolz darauf, wie sich das Quartier aus dem Konzept der „Cité des Sciences“ heraus entwickelt hat. Das war der Ausgangspunkt für die globaleren Bemühungen, eine Industrieregion in einen neuen Standort für die Wissensökonomie und den Dienstleistungssektor zu verwandeln.
„In der Vergangenheit, vor Gründung der Universität, war es in Luxemburg üblich, dass die Jugend zum Studieren ins Ausland ging, um dann mit neuen Ideen, neuen Praktiken, neuen Kontakten zurückzukommen. Beim Projekt Belval ging die Überlegung in die entgegengesetzte Richtung: Heute sind wir der Ansicht, dass wir auch Wissenschaftler zu uns holen müssen, um hier vor Ort Innovation voranzubringen.“
Auf diese Weise ergeben sich Chancen für das ganze Land, das damit über eine Entwicklungsplattform für zukunftsträchtige Bereiche verfügt, vor allem dank der Erforschung neuer Technologien.
Um das zu erreichen, hat AGORA eine Methode in vier Etappen entwickelt, die die Rolle und Aufgabe des Unternehmens bei der Wiederbelebung der Industriebrachen in Luxemburg sehr gut zusammenfassen.
Sorgfältige Planung
„Eine gute Methode erlaubt es ganz gewöhnlichen Menschen außergewöhnliche Dinge zu tun“, sagt Vincent Delwiche gern in Anlehnung an ein berühmtes Zitat des „Management-Gurus“ Peter Drucker. Wenn Belval so effizient und auch so schnell umgesetzt werden konnte, dann nur dank einer sehr sorgfältigen Planung.
Schon die erste allgemeine Studie zu den Industriebrachen (die AGIPLAN-Studie) hatte das einzigartige Entwicklungspotenzial des Standorts Belval-West erkannt. Es folgten Qualitätsanalysen der Böden und Wasserproben, um den Dekontaminierungsbedarf und die Möglichkeit der Wiederverwendung der Böden des ehemaligen Industriestandorts zu bewerten.
Nach Begutachtung verschiedener Entwicklungshypothesen wurde dann der endgültige Masterplan ausgearbeitet und 2002 im Anschluss an einen von AGORA organisierten internationalen Wettbewerb präsentiert. Um die Planung im Laufe der Zeit weiter zu optimieren, die Wirtschaftskonjunktur und neue städtebauliche Tendenzen zu berücksichtigen, folgten weitere Wettbewerbe. Teams aus den besten Architekten und Stadt- und Landschaftsplanern Europas wurden mit der Ausarbeitung mutiger Konzepte betraut, wie beispielsweise für den Park Um Belval, das zukünftige Quartier Central Square und die faszinierende Place des Bassins.
Abriss und Sanierung: ein Abenteuer gigantischen Ausmaßes
1995, noch vor der endgültigen Schließung des Standorts, weckte bereits ein sehr ungewöhnliches Ereignis die allgemeine Aufmerksamkeit. Der jüngste der Hochöfen wurde abgebaut und an den chinesischen Metallkonzern Kisco weiterverkauft, der ihn in der Provinz Yunnan originalgetreu wieder aufbauen ließ!
Zwei Jahre später erfolgten nach der Bekanntgabe der offiziellen Schließung von Belval-West die ersten umfassenden Abrissarbeiten durch den ehemaligen Besitzer. Gleichzeitig vermachte der ARBED-Konzern (heute ArcelorMittal) den Hochofen A dem luxemburgischen Volk. Diese Entscheidung machte es später möglich, die letzten beiden Hochöfen von Belval in die, im Masterplan definierte urbane Landschaft zu integrieren. 2004 waren die Abrissarbeiten durch AGORA nach sechs Jahren abgeschlossen und Millionen Kubikmeter Beton und Stahl abtransportiert und recycelt. Am Standort selbst sollten neben dem industriellen Kulturerbe der Hochofenterrasse nur die alten verwitterten Schornsteine und die Sinterbecken der ehemaligen Agglomerationsanlage verbleiben.
Natürlich musste AGORA dafür sorgen, dass alle Risiken für die Umwelt und die zukünftigen Bewohner, die sich durch die früheren Industrieaktivitäten am Standort ergeben haben könnten, eliminiert werden. Das war die Zielsetzung des vom Umweltbüro genehmigten Sanierungskonzepts. Dieses Konzept war das Ergebnis einer Bestandsaufnahme der Boden- und Grundwasserverschmutzung. Auf dieser Grundlage war es möglich, die verschmutzten Zonen zu identifizieren und abzugrenzen. Nach Erteilung der ministeriellen Genehmigungen setzte die Entwicklungsgesellschaft ihre Arbeit fort, die je nach den für den Standort vorgesehenen zukünftigen Aktivitäten darin bestand, den verschmutzten Boden abzudecken oder ihn zum Plateau Saint-Esprit abzutransportieren, eine noch aus dem Industriezeitalter stammende ehemalige Deponie. Am Ende soll diese komplett abgedichtet werden. „Über eine solche Möglichkeit verfügt man an einem Entwicklungsstandort nur selten“, betont Vanessa Villeneuve. Normalerweise muss die verschmutzte Erde ins Ausland exportiert werden! In Belval nutzt AGORA die Möglichkeiten dieser Anlage, um daraus anschließend eine Grünfläche zu machen, die in das bestehende Parksystem integriert werden soll.“
Entwicklung der Infrastrukturen
Nachdem Abriss und Sanierung erfolgt waren, befand man sich auf einer riesigen Baustelle, auf der Ingenieure und Bauarbeiter jetzt Hand in Hand an der Zukunft arbeiteten. Für die Entwicklung von Belval war es unerlässlich, das bestehende Schienennetz zu sichern und neu zu verlegen. Auch zahlreiche Stromleitungen mussten umgelegt und wieder neu eingebettet werden. „All das waren sehr heikle Arbeiten, die unter zahlreichen technischen Einschränkungen und gemäß einem sehr präzisen Zeitplan erfolgen mussten“, erinnert sich Jean-Claude Huberty.
Und das war noch längst nicht alles. Parallel dazu musste auch mit dem Bau des Tunnels für die Liaison Micheville begonnen werden, die Belval mit der französischen Grenze verbindet. „Der Tunnel war das erste große Bauwerk, das Belval sein Gesicht gab. Der Bau erfolgte zeitgleich zu dem des legendären Gebäudes der Banque Internationale à Luxembourg (BIL)“, erzählt der Chefingenieur. Dann folgten der Bau der Straßen und die Verlegung der Heizungs- und Versorgungsleitungen für den gesamten Standort. „Da mussten wir ganz bei null beginnen. Eine schier unüberschaubare Baustelle! “
Ein ganzes Quartier, in Windeseile gebaut!
Aufgrund der hohen Standortattraktivität des Landes, seines wirtschaftlichen und demografischen Wachstums ist der Wohnimmobilienmarkt in Luxemburg sehr dynamisch. Das Angebot muss sich der ständig wachsenden Nachfrage anpassen. Mit der Erschließung von Belval sahen zahlreiche Bauträger ihre Chance gekommen, in dieser außergewöhnlichen Umgebung auf dem Grund und Boden des einstigen Juwels der luxemburgischen Stahlindustrie neuen, hochwertigen Wohnraum zu schaffen.
2008 wurde dazu mit der Übergabe der ersten Wohnungen direkt auf der Hochofenterrasse und später im Wohnviertel Belval Nord der erste Schritt getan. „Der Masterplan sah für dieses außergewöhnliche Quartier, für das es im Großherzogtum keine Entsprechung gab, absolut neuartige Wohnformen vor. In einem Land, das sehr offen ist für Innovation, fand das Konzept schnell Anklang. Es war sofort ein Erfolg“, erklärt Robert Kocian, Direktor für Marketing und Entwicklung.
Und der Dienstleistungssektor folgte. Auch wenn man die Entscheider zunächst noch von den Vorteilen überzeugen musste, ihre Aktivitäten außerhalb der traditionellen Zentren des Landes anzusiedeln. Zum damaligen Zeitpunkt gab es schließlich noch kein anderes Projekt dieser Größe in Europa. Die Argumente für Belval machten jedoch schnell alle ursprünglichen Bedenken zunichte. Vielfalt, Verkehrsanbindung, Transportwesen, öffentliche Dienste, Grünflächen, ein gewerbliches und gastronomisches Angebot und weitere Entwicklungsmöglichkeiten: Belval setzte sich schon bald erfolgreich durch.
Mit mehr als 215.000 m2 Bürofläche, die bereits fertiggestellt und übergeben sind, hat sich der Standort innerhalb von nicht einmal 20 Jahren zum fünftgrößten Dienstleistungszentrum des Landes entwickelt. Und die Entwicklung nimmt weiter Fahrt auf, insbesondere seit Eröffnung des Universitätscampus im Jahr 2015 und der Inbetriebnahme des Tunnels Liaison Micheville, der Belval direkt mit dem Grenzgebiet verbindet.
Der Standort Belval, entwickelt auf dem Gebiet der Gemeinden Esch-sur-Alzette und Sassenheim, ist heute ein Bindeglied zwischen zwei starken Kommunen in voller Expansion. Beide Gemeinden hatten stark unter der industriellen Krise Ende der 90er-Jahre zu leiden, „doch beiden gelang es, sich an die neue Situation anzupassen, gestärkt aus der Krise hervorzugehen und ihr Entwicklungspotenzial dank Forschung, Wissensökonomie und neuer Wirtschaftsfaktoren zu entfalten, ohne jemals ihre Kultur zu verleugnen, die tief in der Stahlindustrie verwurzelt ist“, schwärmt Vincent Delwiche.
„Und diese Entwicklung ist keine lokale Besonderheit. Sie muss so im ganzen Land und im Grunde europaweit stattfinden. In Belval hat AGORA die besten Voraussetzungen dafür geschaffen, um zu neuen Ufern aufzubrechen.“
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