Nichts macht Vanessa Villeneuve mehr Spaß, als sich ihren Helm aufzusetzen und ihre Sicherheitsausrüstung anzulegen: Mehr als alles andere liebt sie die Arbeit auf der Baustelle. Die ursprünglich aus der Charente stammende Bauingenieurin ist bei AGORA verantwortlich für die Abwicklung von Infrastrukturprojekten sowie die Überwachung des Sanierungskonzepts und des Masterplans für die Wasserversorgung in Belval.
Bodensanierung, eine enorme Herausforderung
Das Abenteuer Belval beginnt lange vor der Gründung von AGORA. Schon ab 1997, gleich nach der Stilllegung des letzten Hochofens von ArcelorMittal, beginnen die Abriss- und Dekontaminierungsarbeiten.
In diesem Zusammenhang macht Vanessa Villeneuve damals noch als Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatorin erste Bekanntschaft mit dem Projekt Belval.
Sanierung mit Methode
„AGORA war dafür zuständig, die Ausarbeitung des Sanierungskonzepts zu überwachen. Dabei handelt es sich um ein Dokument, in welchem die Maßnahmen aufgeführt werde, die von AGORA und den Investoren am Standort umzusetzen sind, um die negativen Auswirkungen der früheren industriellen Aktivitäten zu beseitigen.
Anhand der Zusammenfassung einer historischen Studie konnten alle Aktivitäten erfasst werden, die zu einer potenziellen Kontamination des Standorts geführt haben könnten. Diese Studie war die Grundlage für eine Serie von Probenbohrungen im Jahr 1999. Auf diese Weise konnten die unterschiedlichen Arten von Verschmutzungen, das Volumen des kontaminierten Bodens und die betroffenen Bereiche sowie die Grundwasserqualität bestimmt werden.
Die betroffenen Bereiche wurden kartografiert, wobei die zukünftige Entwicklung des Standorts schon berücksichtigt werden musste: Es wurde ein Zusammenhang zwischen den zukünftig hier anzusiedelnden Aktivitäten und den Bodeneigenschaften hergestellt, um auf dieser Grundlage die Lokalisierung der verschiedenen Quartiere festzulegen.“
Vanessa war noch keine Mitarbeiterin von AGORA, als das Sanierungskonzept erarbeitet wurde, für dessen Umsetzung sie heute verantwortlich ist.
„Das Sanierungskonzept wurde in Zusammenarbeit mit dem Umweltministerium erstellt“, erklärt sie. „Es wird von ministeriellen Erlassen getragen. Neben den Ministerien werden auch die Kommunen konsultiert. “
Für Belval “beruht das Konzept auf zwei grundlegenden Prinzipien. Sie zielen darauf ab, die Fauna, Flora und das Grundwasser vor Verunreinigungen zu schützen. Diese Prinzipien, die auf zwei Sanierungstechniken basieren, berücksichtigen die Art der verunreinigten Materialien sowie die zukünftige Nutzung des Terrains. Dabei handelt es sich zum einen um die Technik der Abdeckung durch zukünftige Gebäude und Anlagen, wenn die Bodenqualität dies zulässt, und zum anderen um die Technik die Extraktion und Umschichtung des Bodens vom Zentrum des Standorts Belval zum Plateau de Saint-Esprit. Auf lange Sicht ist geplant, das hierhin verbrachte kontaminierte Bodenmaterial nach allen Seiten hin zu versiegeln und so zu verhindern, dass unerwünschte Stoffe ins Erdreich ausgewaschen werden.“
Rigorose Planung
Das Team der Abteilung Planung und Infrastruktur von AGORA ist mit der Ausarbeitung der verschiedenen Dokumente betraut, die für die Entwicklung jedes Städtebauprojekts erforderlich sind. In diesem Bereich ist Thomas Rau seit 2003 am Ruder. Der Deutsche ist Geograph und Spezialist für Raumplanung. Mit seinem Team von Stadtplanern, Architekten und Ingenieuren ist er für alle Planungsoperationen verantwortlich.
Vor dem Bau eines Tunnels, der Verlegung des Versorgungsnetzes oder dem Beginn von Straßenarbeiten müssen die entsprechenden Pläne erstellt werden.
„Wir müssen die Teilbebauungspläne (Plans d’Aménagement Particulier oder PAP) erarbeiten. Sie legen die städtebaulichen Vorschriften fest, die anschließend für die Entwicklungsgesellschaft und die Investoren gelten. Jeder PAP muss wiederum dem allgemeinen Bebauungsplan (Plan d’Aménagement Général oder PAG) der Kommune Rechnung tragen. Da sich der Standort Belval über Gebiete der Gemeinden Sanem und Esch-sur-Alzette erstreckt, brauchte es eine Sonderregelung, damit die Gemeinden einen gemeinsamen PAG ausarbeiten konnten – das ist ein ungewöhnlicher Vorgang und eine große Premiere in Luxemburg. In diesem Rahmen wurden die Besiedelungsdichte, die wichtigsten Verkehrsachsen und die einzuhaltende Bodennutzung festgelegt. “
Wir von AGORA wollten in diesem Bereich innovativ werden. Über die rein regulatorischen Fragen hinaus haben wir daher beschlossen, qualitative Richtlinien zu erarbeiten, also „Planungstools, die weit über den PAP hinausgehen“. Thomas Rau und sein Team erarbeiteten also zusammen mit den Gemeinden verschiedene Empfehlungen für jeden PAP. „Das Handbuch Landschaft definiert beispielsweise die Leitlinien für die gewünschte Landschaftsgestaltung. Ein Handbuch Architektur enthält Vorschläge für die verschiedenen Arten von Fassaden und die bevorzugten Materialien für die Umsetzung der Infrastrukturen und der öffentlichen Räume.“
Zu Beginn der 2000er-Jahre, als wir mit den Arbeiten am Standort Belval begannen, war es noch unüblich mit solchen Handbüchern zu arbeiten, die dazu dienen, Entwicklern und Konstrukteuren Leitlinien für einen bestimmten Standort vorzugeben. AGORA hat Belval also auch im Hinblick auf die stadtplanerische Qualität zu einem Pilotprojekt gemacht. Da waren wir Vorreiter. Heute werden die Tools, die wir entwickelt haben, übrigens auch von anderen Stadtentwicklern in Europa genutzt. “
Zeit für die Erschließung!
Die Sanierungsarbeiten haben begonnen, die Entwicklungspläne sind fertig: Zeit für die „Erschließung“. Was genau bedeutet das? „Mit Erschließung ist der Prozess des Aufbaus der allgemeinen Infrastruktur gemeint, die dazu dient, die städtische Umgebung überhaupt bewohnbar zu machen“, erklärt Ingenieur Jean-Claude Huberty. „Wir brauchen Straßen, öffentliche Plätze, Parks, Trinkwassernetze, ein gutes Regenwassermanagement, Telefonleitungen und ein Verkehrsnetz. Und noch vieles mehr !“ Also zu einem guten Teil all die Installationen, die man im Alltag nicht unbedingt sieht, ohne die ein Quartier aber auch nicht funktionieren, schon gar nicht lebenswert sein könnte.
Der Luxemburger Bauingenieur Jean-Claude Huberty achtet da auf jedes Detail. Sorgfältig beobachtet er jede Phase seiner Projekte: die Einhaltung des Sanierungskonzepts, die Konformität der Infrastrukturen mit der Luxemburger Gesetzgebung, Qualität und Konformität der Arbeiten und der Anlagen.
Eine der großen Baustellen, für die er in Belval verantwortlich war, war die unterirdische Verlegung der Hochspannungsleitungen: Das ehemalige ArcelorMittal-Werk arbeitete mit einem Freileitungsnetz, das sich für die städtische Entwicklung nicht eignete. „Wir mussten unter der Erde Galerien graben und ganz besondere Kabelstützen verwenden, die in der Schweiz hergestellt wurden“, erklärt er weiter.
Eine zusätzliche Besonderheit: Die Bahnschienen mussten umgelegt werden! „Es gab ein werksübergreifendes Schienennetz, Gleise quer durch das Gelände und drumherum. Diese Schienenführung musste natürlich geändert werden, aber natürlich ohne den allgemeinen Verkehr zu beeinträchtigen. Eine echte Herausforderung!“ Auch der Bau des Straßennetzes war für den Ingenieur eine inspirierende Aufgabe: „Wir mussten ganz bei null anfangen. Die Zielsetzung war, einen Verkehrsfluss an einem Standort zu gewährleisten, der in Zukunft jeden Tag von mehr als 30.000 Personen genutzt werden sollte; für Luxemburg eine gewaltige Dimension.“
Und dann sind da noch die Pilotprojekte, die einem bewusst machen, dass es bei alldem schließlich auch um Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung geht. Für AGORA ist der Bau ökologisch verantwortungsbewusster Infrastrukturen schon lange kein Modethema mehr, sondern eine Notwendigkeit. In diesem Bereich ist Jean-Claude Huberty besonders stolz auf das Fernwärmesystem, an dessen Umsetzung er beteiligt war. Das Netz versorgt den Standort Belval über die Wärmerückgewinnung im Kraftwerk eines Nachbarwerks von ArcelorMittal. Eine Frage der Energieeffizienz? Nicht nur! Die Einsparungen und die positiven Auswirkungen für die Umwelt sind beträchtlich.
Auf diese Weise verwandelt sich dank der Kompetenzen und des Know-hows von AGORA ein ehemaliger Industriestandort nach und nach in ein innovatives Stadtviertel. Ein Quartier, in dem Lebensqualität mit dem nötigen Respekt für die Umwelt einhergeht.
In der Reihe „AGORAMA“ erfahren Sie mehr über das Know-how von AGORA und wie Stadtplaner, Landschaftsgestalter, Ingenieure, Geographen, Wirtschaftswissenschaftler, IT- und Marketingspezialisten über die Städte von morgen denken.
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